Foodlove

Überschäumende Leidenschaft

Geschrieben am 30.06.2016

New York, London, Paris und inzwischen auch Wien - in den Metropolen der Welt trinkt man in den angesagtesten Restaurants und Bars nicht mehr Champagner und schon gar keinen Prosecco sondern Petillant Naturel oder kurz Pet Nat.

Einen Moment mal, was ist das denn schon wieder?

Seinen Anfang nahm alles Ende der 90iger an der Loire mit Thierry Puzelat und Marc Chaussard, als ein vermeintlich fertiger Wein in der Flasche weitergärte. Das Ergebnis, ein sprudelndes Gaumenfeuerwerk, durfte fortan auf keiner ihrer Feste mehr fehlen. Doch wie kommen die Perlen in den Wein?

Bei der Herstellung wird der Grundwein noch gärend in die Flasche gefüllt, in der er dann fertig vergärt. Dabei entstehen die begehrten Perlen, die den Wein voller Lebendigkeit sprühen und auch so manches Mal im jugendlichen Leichtsinn überschäumen lassen. Jede Flasche ist ein Unikat.

Doch nicht nur in Frankreich, sondern auch in Österreich gibt es mutige WinzerInnen, die Pet Nats produzieren. Darunter Claus Preisinger, Arndorfer/Jurtschitsch mit ihrem gemeinsamen Projekt „Fuchs & Hase“, Matthias Hager oder die rennersistas, um nur einige nennen. Auch Judith Beck vom gleichnamigen Weingut hat mit ihrem „Bambule“ neuerdings einen Pet Nat im Sortiment. Wir haben sie getroffen, um mehr über ihre neue Leidenschaft zu erfahren.

Stilarena: Judith, warum gerade Pet Nat?

Judith Beck: Nachdem ich viele solche Schaumweine verkostet habe, hat dieses Thema begonnen mich zu interessieren. Besonders reizvoll finde ich, dass hier ein Schaumwein entsteht, der vollkommen frei von jeglichen Zusätzen ist. Man kommt ohne Hefe, Dosage und SO2 aus.

Stilarena: Was ist für dich die Herausforderung an der Herstellung?

Judith Beck: Die größte Herausforderung ist es, den richtigen Zeitpunkt der Füllung zu erwischen. Jeder Most, jede Gärung und jeder Jahrgang ist völlig anders und das erfordert einiges an Fingerspitzengefühl. Wir müssen uns selbst noch einen Erfahrungsschatz aufbauen.

Stilarena: Hattest du Bedenken, dass alles schief gehen könnte und die Flaschen der Reihe nach bersten?

Judith Beck: Das war am Anfang schon sehr spannend. Passiert ist zum Glück nichts. Die Flaschen, die wir verwenden, halten auch einiges an Druck aus.

Nahaufnahme von Innenleben eines Gaggenau Weinklimaschranks. Im Weinklimaschrank liegen vier Flaschen Sekt.

Stilarena: Wann ist der richtige Moment gekommen, um den Wein in die Flasche zu bringen?

Judith Beck: Das kommt natürlich auch ein bisschen darauf an, was für ein Ergebnis man erzielen möchte. Füllt man etwas früher (das heißt mit etwas mehr Zucker) ab, hat man natürlich auch mehr COund eine feinere Perlage, aber gleichzeitig auch ein größeres Risiko, dass der Wein am Ende noch sehr süß ist. Beim späteren Abfüllen ist die Perlage etwas gröber, die Wahrscheinlichkeit einen sehr trockenen Schaumwein zu erhalten aber größer. Dabei spielt aber natürlich auch die Säure des jeweiligen Mostes eine Rolle.

Stilarena: Woran erkennst du das?

Judith Beck: Nach Gefühl. Den Fortschritt der Gärung bestimmen wir einfach mit einer Dichtespindel.

Stilarena: Wann trinkst du Pet Nat?

Judith Beck: Pet Nat passt eigentlich immer und überall.

Stilarena: Na dann, zum Wohl!

Judith Beck: Zum Wohl!

Unser Fazit

Mag er auch manchmal Ecken und Kanten haben, ist der eigensinnige Natursprudler stets Ausdruck von Jahrgang und Individualität und garantiert Trinkfreude ohne Kopfweh und Reue am nächsten Tag.

Mario Zalto